Um im Sinne des Crowdfundings mit wenig Aufwand auch viele kleine Beträge einnehmen zu können, braucht man einen hohen Grad der Automatisierung in der Buchhaltung. Ich beschreibe einen möglichen Lösungsweg, um korrekt und einfach auch Kleinstbeträge einzunehmen und dabei möglichst wenig Kompromisse an digitale Souveränität einzugehen.
Einführung
Die Angebote im Fediverse, wie beispielsweise Bonn.social, möchten wir bei Bonn.digital vor allem durch Zuwendungen finanzieren (ein anderes Wort für Spende bzw. Schenkung, wenn man nicht anerkant gemeinnützig ist). Doch bei der Buchhaltung kleiner Beträge entsteht schnell das Problem, dass der Aufwand für die Verwaltung die Gewinne durch die Einnahmen übersteigt. Ich beschreibe im Folgenden, wie wir das Problem für Bonn.digital gelöst bzw. automatisiert haben, sodass auch kleine Spenden-Beträge keine allzu großen Probleme und Kosten in der Buchhaltung entstehen lassen.1
Anforderungen
- Es soll möglich sein regelmäßig auch kleinere Zuwendungen bzw. Spenden2 anzunehmen.
- Es soll weitestgehend automatisiert laufen, da jeder manuelle Arbeitsschritt Arbeitszeit kostet.
- Einzelne Module sollen austauschbar sein, damit z.B. keine Abhängigkeit von einem Zahlungsprovider entsteht.
- Wenn möglich sollte freie und OpenSource-Software genutzt werden, die man auf eigenen Servern betreiben kann, um so unabhängig zu sein und die Kontrolle über die persönlichen Daten zu behalten (mit Ausnahme der Verantwortung für die finanziellen Transaktionen und deren Regulierung).
- Die Gesetze und der europäische Datenschutz sollten eingehalten werden.3 Europäische Lösungen sollen bevorzugt werden.
Schritt 1: Spenden mit Beabee und Stripe annehmen
Beabee ist ein OpenSource-CRM (AGPLv3), das zuerst für ein Coworking-Space, später für ein Journalismus-Projekt in Bristol und schlussendlich von Correctiv weiterentwickelt wurde, um Community-Journalismus besser zu finanzieren. Es ist Open-Source-Software und man kann es selbst hosten, was wir unter https://abo.bonn.digital/join tun (dort könnt ihr uns unterstützen).
Bei der FROSCON 2023 habe ich schon mal beschrieben, warum ich Beabee ausgewählt habe und wie wir es einsetzen:
Beabee hilft mir die Abonnements unabhängig von einem einzelnen Zahlungs- oder Abo-Provider zu halten. Mit Beabee kann man aktuell GoCardless und Stripe als Zahlungsanbieter nutzen. Wünschenswert wären noch PayPal und besonders GNU Taler4. Wenn ich den Zahlungsanbieter wechseln möchte, habe ich keinen LockedIn-Effekt, da ich jederzeit meine Kontakte dort anschreiben und sie bitten kann, zu einem neuen Zahlungsanbieter umzuziehen.
Natürlich kann man auch das gesamte Abonnement-Management in die Hände eines externen Anbieters geben wie z.B. Steady (entstanden aus den KrautReportern). Vorteil dort ist, dass man monatlich genau eine Abrechnung erhält (statt selbst eine Rechnung pro Zuwendung erstellen und buchen zu müssen). Man gibt für diese Leistung 10 % Provision von der Zahlungssumme ab und muss sich dann nur noch um den einen Beleg kümmern. Bei kleinen Beträgen sind 10% wenig, bei größeren Summen verdient Steady natürlich mehr. Ich wollte lieber die Kontrolle behalten und keine Provision abgeben (was ich dann eben mit meiner Zeit bezahlt habe).
Im Beabee Help Center findet ihr die Dokumentation, um Beabee zu installieren und mit Stripe zu verbinden5. Anders als in meinem Video gesagt, unterstützt Beabee mittlerweile auch die Darstellung und Berechnung der Mehrwertsteuer, was wichtig ist, wenn man als Anbieter Gegenleistungen für das Abonnement erbringt, z.B. durch eine Paywall oder die Möglichkeit zur Registrierung in einer geschlossenen Community.
Buchhaltung mit LexWare Office, N8N und Conki
Für die Buchhaltung nutzen wir aktuell „LexWare Office“ (früher LexOffice). Die die Buchhaltung GoBD-konform sein muss und ständig rechtliche Änderungen vorgenommen werden müssen (z.B. bei der Änderung von Umsatzsteuerregeln), haben wir bei der Buchhaltung vom Self-Hosting bisher Abstand genommen. Wenn jemand da gute Tipps für OpenSource-Tools hat, schreibt es gerne in die Kommentare.
N8N ist ein Automatisierungstool, dass mit einer Klicki-Bunti-Oberfläche verschiedene Schnittstellen, kurz APIs, verbinden kann. So kann man z.B. den Onlinebezahldienst Stripe dazu bringen, am Monatsende alle erstellten Belege als ZIP-Datei an eine E-Mail-Adresse zu schicken oder gleich bei LexWare hochzuladen.

Stripe bietet viele Möglichkeiten per API auf die Buchungen und Auswertungen zuzugreifen. Nur der Steuerbeleg für Stripe selbst, der kann nur manuell nach Login im Webinterface exportiert werden. Auf dem Beleg gibt es eine summierte Auflistung der eingenommenen Beträge, der einzogenen Steuern und der Gebühren für die Nutzung von Stripe als Zahlungsmethode. Glücklicherweise ist dieser manuelle Schritt nur einmal monatlich notwendig.
Buchen statt Suchen
Nun kommt die Herausforderung: wie verbuche ich die Belege, das Steuerdokument von Stripe mit den Gebühren und die Auszahlungen von Stripe auf das Hauptgeschäftskonto so, dass alles wieder aufgeht?
Eine zeitlang funktionierte es mit einer Behelfskontruktion: wir nutzen den Steuerbeleg zusammen mit den anderen Belegen und verbuchte dies gesammelt auf die eingehende Auszahlung auf dem Hauptkonto. Viele Monate funktionierte die Buchhaltung mit der Methode „Alle Zuwendungen abzüglich Gebühren gleich Auszahlung“ super, bis Anfang 2025 einzelne Zahlungen ausgefallen sind, SEPA-Lastschriften am Monatsende beauftragt und erst am Anfang des nächsten Monats eingezogen wurden und noch weitere zeitliche Verschiebungen auftraten. Die Rechnung ging nicht mehr auf, egal wie man es drehte und wendete.
Für PayPal hat LexWare schon eine eingebaute Lösung: PayPal ist wie ein Bankkonto integriert. Zusätzlich werden die Gebühren automatisch „vorkontiert“, so dass man weniger Arbeit beim Buchen der Belege hat. Für Stripe gibt es diese direkte Integration bisher nicht, auch wenn sich viele diese Integration wünschen.
Nach etwas Marktrecherche sind zwei Tools in der engeren Auswahl für die Lösung des Problems geblieben:
- PayJoe: https://www.payjoe.de
- Conki: https://conki.app
Es gab auch einige OpenSource–Lösungen, die ich noch mal genauer testen werde und bestimmt kann man auch mit N8N selbst was bauen. Aber ich brauchte schnell eine Lösung, die gut und schnell fürs Team funktioniert.
Vergleich und Einrichtung von Conki
PayJoy hat eine direkte Integration als „virtuelles Bankkonto“ in LexOffice, d.h. PayJoe simuliert alle Bewegungen bei Stripe als ein Bankkonto, das per HBCI in LexOffice eingebunden wird. PayJoe hat noch deutlich mehr Optionen für verschiedenste Einbindungen und die Personalisierung dieser Einbindungen. Aber mir war die Ersteinrichtung zu kompliziert und ich wollte keine kostenpflichte Beratung dafür bei PayJoe buchen.
Von Conki war ich angenehm überrascht. Es gab wenige, aber relevante Optionen, die Arbeit ist nicht vollständig automatisiert, aber dafür konnte ich mich schnell selbst einarbeiten. Bei Conki kann ich eine ZIP-Datei mit allen Rechnungen herunterladen. Zusätzlich erhalte ich eine CSV-Datei mit den Kontobewegungen (die ich dann manuell in LexOffice importieren kann). Und ich habe die Möglichkeit einzustellen, ob ich alle monatlichen Belege auf eine „Gesamteinnahme“ verbuchen möchte oder ob alle eingehende Beträge einzeln aufgelistet werden sollen. Letztere Option hat den Vorteil, dass die Belegerkennung von LexWare besser funktionierte und beim Buchen sofort eine Verknüpfung zur entsprechenden Kontobewegung vorgenommen wurde, was wieder ein paar Klicks spart und bei der Übersicht hilft.

Schlußendlich habe ich mich deswegen für die einzelne Auflisung aller Belege und Kontobewegungen bei Stripe entscheiden, da so die Vorkontierung automatisch und insgesamt schneller lief. Ein Fallstrick war das Buchungsdatum, da so manche Belege in einen anderen Monat gerutscht sind (was man in der monatlichen Zusammenfassung nicht gut zuordnen konnte), auch hier empfehlt sich die einzelne Auflistung, da so klar ist, wenn Belege erst im nächsten Monat gebucht werden können, weil beispielsweise die SEPA-Lastschrift erst nach 6 Tagen wirksam wird.
Und last but not least: Da Stripe zwar PayPal-Zahlung anbietet, das Geld aber direkt bei PayPal landet, muss man bei Conki „PayPal als Zahlungsweise ausschließen“ und kann dann die entsprechenden einzelnen Belege direkt mit der Kontobewegung im PayPal-Konto verbuchen.6 Mit dieser Option gibt es dann keine Doppelung der PayPal-Eingänge im Stripe-Konto. Dieser Feature fehlt bisher bei den OpenSource-Tools.
Conki wird von der Brunsmann & Esche GbR in Osnabrück angeboten. Damit Conki auf meine Stripe-Daten zugreifen kann, musste ich einen lesenden Zugriff per API zulassen (und der Gesellschaft vertrauen, dass sie keinen Unsinn mit den Daten machen). Darum wäre es mir noch lieber, ich würde eine Lösung finden, die sowohl Stripe als auch Conki ersetzen kann, um den kompletten Workflow selbst hosten zu können. Vielleicht habt ihr noch Tipps dazu?
Fazit
Wünschenswert wäre, dass LexWare Stripe direkt als Bankkonto einbindet. Stripe müsste dafür nur die üblichen Bank-Schnittstellen anbieten oder LexWare baut selbst eine Integration, wie sie es für PayPal gemacht haben. Warum Stripe keinen automatisierte Download des Steuerbelegs anbietet, kann ich mir auch nicht erklären. Ich hoffe, dass mit dieser Übersicht andere Unternehmen schneller die Probleme der Automatisierung lösen können und sich auf ihr Business konzentrieren können. Der Traum von der vollautomatisierten Buchhaltung ist noch nicht ausgeträumt.
Fußnoten
- Ich möchte hier keine Steuerberatung und keine Rechtsberatung anbieten. Mir geht es vor allem um die technischen Abläufe, die auf unseren Fall abgestimmt sind. Um diese Workflows auf euren Fall anzupassen, solltet ihr euch steuerlich und rechtlich beraten lassen. ↩︎
- Im Folgenden nutze ich das Verb „spenden“ synonym mit „Zuwendungen geben“, obschon wir keine gemeinnützige Organisation sind und damit nicht offiziell „Spenden“ annehmen können, für die man üblicherweise eine Spendenquittung erhalten kann. Bei Zuwendungen handelt es sich um Schenkungen, die ihre ganz eigenen Regeln haben. ↩︎
- Ich habe den Eindruck, dass muss man heutzutage explizit sagen. Wenn ich Produkte und Unternehmen sehe, die 100% DSGVO-Konformität behaupten, werde ich gleich skeptisch (und finde in der Datenschutzerklärung schnell hinweise darauf, dass das Versprechen nicht stimmen kann). ↩︎
- Für eine GNU-Taler-Integration gibt es Förderprojekte. Wenn ihr die Fähigkeiten und Interessen habt, bewerbt euch darauf: https://nlnet.nl/taler/ ↩︎
- Ihr könnt natürlich auch einen Webhoster wie Sebastian Tänzer mit der Installation des Setups beauftragen. ↩︎
- Alternativ kann man Stripe mit Hilfe des Supports so einstellen, dass die PayPal einnahmen bei Stripe gutgeschrieben und dann auf das Hauptkonto überwiesen werden. Dafür muss man aber persönlich mit dem Support Kontakt aufnehmen. ↩︎