Wenn man sich für Blogs interessiert, dann ist es vom RSS-Feed nicht weit zum Podcast. Ein Podcast ist vom Prinzip nichts anderes als ein Feed, an den man eine Mediendatei anhängt, sei es eine Video- oder Audio-Datei. Dazu kommen noch einige Metadaten, damit beispielsweise der Feed im iTunes-Podcast-Verzeichnis mit Bild und einleitendem Text, den Shownotes, angezeigt wird. Einen solchen Podcast-Feed kann man ganz leicht abonnieren und beispielsweise auf seinem Smartphone unterwegs anhören, wann immer man das eben möchte. Einen Podcast zu abonnieren ist keine Kunst, aber wie erstellt man selbst einen Podcast?

Auphonic
Auphonic

Das hat Daniel Meßner den Workshop-Teilnehmern bei der Digital-Humanities-Konferenz DHd 2014 in Passau gezeigt, nicht nur theoretisch, sondern quasi „on air“. Wir haben alle Gerätschaften vorgeführt bekommen und ausprobieren dürfen. Unsere Tests haben wir natürlich nicht veröffentlicht, aber wer weiß, vielleicht entsteht so noch das ein oder andere Podcast-Projekt, vielleicht zum Thema „Digital Humanities“ oder anderen Forschungsthemen. Den Workshop-Inhalt habe ich in diesem Blogbeitrag zusammengefasst.

Daniel Meßner steckt hinter den „Stimmen der Kulturwissenschaften“. Er interviewt Wissenschaftler zu ihren Forschungsthemen aus dem Bereich der Kultur- und Geisteswissenschaften. Diese Woche ist der 72. Podcast erschienen; ich finde eine stolze Summe für ein Hobby, denn „hauptberuflich“ ist er Doktorand an der Universität Wien und erforscht die Geschichte der Biometrie, aber das ist eine andere (spannende) Geschichte. Mit einfachen Mitteln und geringem finanziellen Aufwand produziert Daniel Meßner ein sehr spannendes und qualitativ hochwertiges Format, dass man unterwegs per Kopfhörer oder zu Hause gemütlich im Ohrensessel empfangen kann. Heute kann jeder (Wissenschaftler) zum „Radiosender“ werden. Auch wenn der Einstieg erstmal nicht ganz trivial ist, reicht (bei Blog-Grundkenntnissen) ein Nachmittag um einen Podcast zu starten.

Was ist ein Podcast?

Podcasts sind im Prinzip Mediendateien, die im Internet bereitgestellt werden und die man abonnieren kann. Dabei können dank der technischen Entwicklungen auch Amateure hochwertige digitale Radioinhalte erstellen. Um Podcasts hat sich eine Community aus Hörern und Produzenten gebildet, teils in der Form von „Prosumer“, die also beides in sich vereinen. Um bekannte Podcasts bilden sich oft viele kleinere Projekte, beispielsweise werden von vielen Hörern vollständige Transkripte der Sendungen angefertigt, damit diese auch als Text durchsuchbar sind (z.B. beim Chaosradio)

Eine Stärke des Podcasts ist es, dass in einem Gespräch sehr gut Inhalte vertieft werden können. Dabei gibt es durch durch die Stimme einen persönlicheren Bezug. Inhaltlich und formal gibt es kaum Einschränkungen, außer die Kreativität des Produzenten. Auch der Grad der gewünschten Professionalität kann je nach Budget und Zeitaufwand stark variieren. Als Zuhörer habe ich die Freiheit zu entscheiden, wann ich den Podcast hören möchte.

Also ähnlich wie bei den Blogs gibt es hier viele Freiheitsgrade, doch die technischen Hürden sind etwas größer als beim Bloggen. Auch sind Wissenschaftler grundsätzlich erst einmal textaffin, aber mit einem Podcast kann man Inhalte ganz anders aufbereiten und vor allem anderen in anderen Communities verbreiten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Podcasting

Geschichte des Podcasts und Podcatcher

Die Erfolgsstory der Podcasts beginnt 2001 mit der Erfindung des rss-enclosure-Elements. Dieses Element ermöglichte es Mediendateien per RSS-Feed auszuliefern. Zu dieser Zeit gab es aber weder Geräte noch Software, die diesen Standard unterstützten. Einen großen Aufschwung erfuhren Podcasts durch den iPod, der Namensgeber für diese „iPod-Broadcasts“ wurde. Wichtig war auch das öffentliche Verzeichnis der Podcasts in iTunes. Dazu reichte es den selbsterstellten RSS-Podcast-Feed bei Apple einzureichen, schon konnte man gelistet und automatisch auf die Geräte von Apple geladen werden.

Adam Dave Curry hatte einen der ersten Podcasts, den „Daily Sourcecode“ veröffentlicht, dabei veränderte er immer wieder den Quellcode, um auf diese Weise die „Empfangsgeräte“, also die Podcatcher zu verbessern. Podcatcher wie beispielsweise iTunes braucht man, um Podcasts herunterzuladen. Empfehlenswert sind laut Daniel noch Miro, InstaCast und DownCast, aber es gibt hunderte verschiedene Podcatcher für alle Betriebsysteme.

Einer der bekanntesten Podcaster aus Deutschland, Tim Pritlove, fördert durch verschiedene Projekte die Weiterentwicklung der Podcast-Sphäre.Er hat ein Plugin für WordPress namens „Pod Love“ (man ahnt warum es so heißt) mitiniitiert, mit dem ein Blog zu einer Podcast-Broadcasting-Station erweitert werden kann. Das ist so einfach wie einen neuen Artikel in WordPress zu veröffentlichen. Das Plugin ist kostenlos, dank ständiger Unterstützung der Community durch Spenden und Crowdfunding. So kann man den Player neuerdings auch in anderen Seiten einbetten. In Entwicklung ist die hübschen Darstellung der Audio-Datei in Wellenform.

Podcast-Produktion

Um einen Podcast zu senden, sollte man sich ein Sendungskonzept überlegen, beispielsweise ein Interviewformat. Dieses Konzept lässt sich dann mit der entsprechenden Hard- und Software umsetzten. Daniel führte uns vor, welche Hardware er für die „Stimmen der Kulturwissenschaften“ nutze. Dabei lauteten die Anforderungen an die Aufnahmegeräte, dass sie mobil und günstig sein sollen.

Hardware

Podcast-Hardware
Hardware zum Podcasten

Wer es ganz einfach halten möchte, nimmt das Mikrophon seines Smartphones und ist sofort und überall aufnahmebereit. Doch recht bald wird man eine höhere Qualität anstreben. Die mobilste Lösung mit hoher Qualität ist ein Fieldrecorder. Daran können bis zu 4 Mikros angeschlossen werden. So ein Gerät kostet um die 150€. Dazu kommen Mikrophone und Kabel. Wenn man mit seinem Laptop oder Rechner arbeiten möchte, braucht man ein zusätzliches Soundinterface, da gewöhnliche Soundkarten meist nur einen Eingang haben (ca. 100€). USB-Geräte haben eine kleine Latenz, was problematisch ist, wenn man seine eigene Stimme verzögert hört. Empfehlenswerter, aber auch teurer, sind Lösungen mit Firewire- oder Thunderbolt-Anschluss.

Daniel benutzt statt Mikrophonen für die Interviews Hörsprechkombinationen, quasi etwas größere Headsets (ca. 250€). Es ist vorteilhaft, die Mikrophone an einer festen Entfernung zum Mund des Sprechers zu haben, das erleichtert die Mikrophondisziplin. Die Mikrophone haben Nierencharakteristik, sie nehmen also weniger Nebengeräusche auf. Daniel findet es auch vorteilhaft, wenn man so deutlich seine eigene Stimme beim Interview hört. So entsteht ein kleiner abgeschlossener Aufnahmeraum im Kopf, der seiner Erfahrung nach zu einem guten Gesprächsklima führt.  Wenn mehr als zwei Gesprächsteilnehmer interviewt werden, braucht man noch einen Kopfhörerverstärker (ab 20€).

Zur Hardware gehört auch die Auswahl eines geeigneten Gesprächsraums, in dem möglichst wenig Nebengeräusche zu hören sind und der möglichst wenig hallen sollte. So erreicht man eine optimale Qualität, die es durchaus mit Radioproduktionen aufnehmen kann.

Software für Produktion und Nachbereitung

Wenn die Hardware aufgebaut wurde kann das Interview beginnen. Selbstironisch vermerkte Daniel, dass mehr Technikaufwand dazu führe, dass man als Podcaster ernster genommen wird. Ich fragte ihn, wie er sich auf Interviews vorbereite. Meistens würde er sich nur kurz auf ein Interview vorbereiten. Er möchte vorher nur soviel wissen, dass er das Thema so kennt, dass er Fragen dazu stellen kann. Er möchte aber auch nicht zu viel wissen, damit seine Fragen nicht zu speziell werden. Die Fragen sollen so sein, als würde sie jemand stellen, der sich gerade neu mit dem Thema befasst. Die schwierigste Punkt bei einem Interview sei für ihn der Einstieg, danach entstehe meist ein lockerer Gesprächsfluss, den er immer wieder durch Fragen anregen will. Ihn beruhige auch das Wissen, dass er jederzeit eine Pause machen kann, die er rausschneidet, wenn etwas nicht geklappt hat. Weil das entspannter aufnehmen lässt, klappt es aber auch meistens mit ganz wenigen Schnitten.

Zur Aufnahme und Schnitt von Audioaufnahmen gibt es eine Vielzahl von Software. Am bekanntesten ist Audacity, kostenfrei, da OpenSource-Software. Ich kannte vom Mac GarageBand, das mittlerweile Teil des Betriebsystems ist. Die App Reaper (Digital Audio Workstation) kostet um die 60€ und ist für die Erstellung von Podcasts optimiert und bietet wie Auphonic viele Voreinstellungen, die als Preset abgespeichert und wiederverwendet werden können. Ansonsten erwähnte er noch Hindenburg Journalist, ein einfaches Schneideprogramm, das auf Radiojournalisten spezialisiert ist. Wer selbst noch den Ton optimieren möchte, sollte sich in diesen Programmen mit den Effekten Limiter, Kompresser, De-Esser, De-Popper und weiteren beschäftigen, aber die „Wunderapp“ Auphonic nimmt einem diese Arbeit zum Großteil ab. Bei Aufnahmen mit zwei oder mehreren Mikros übernimmt Daniel nur die Teile, bei denen auf dem entsprechenden Mikrophon gesprochen wurde. Bei allen anderen Teilen reduziert er die Lautstärke auf null, damit sich der Hall nicht vervielfacht.

Besonders zur Vorverarbeitung ans Herz gelegt hat uns Daniel die App Auphonic, die an der TU Graz entwickelt wurde. Auphonic hilft Sprachaufnahmen durch speziell dafür entwickelte Algorithmen zu verbessern, zum Beispiel wird die Lautstärke der Sprechenden über die gesamte Aufnahme angeglichen oder Nebengeräusche, wie Straßengeräusche, entfernt. Auphonic ist in der Grundversion für Privatanwender kostenlos. Institutionen, die beispielsweise ganze Reihen von Vorlesungen aufnehmen möchten und besondere Ansprüche haben, bezahlen im Freemium-Modell die Weiterentwicklung.  Bei Auphonic kann man Voreinstellung für den Produktionsablauf erstellen und so möglichst stark automatisieren. Beispielsweise kann man eine Tondatei per Dropbox hochladen, optimieren, in verschiedene Formate exportieren und mit Kapitelmarken auszeichnen. Die entstehenden Dateien werden auch vom WordPress-Plugin direkt übernommen, was den Workflow vereinfacht. Auch die Metadaten können mit Presets vorbereitet werden. Als Daniel die App lobte, nahm ich in aus der vierten Reihe im Raum mit meinem Smartphone auf und testete sie. Das Ergebnis der App war wirklich beeindruckend: Wo er vorher kaum zu verstehen war, weil der Beamer brummte, die Straße rauschte und der der Raum hallte, war danach deutlich und laut seine Stimme zu hören. Nicht alle Nebengeräusche waren perfekt entfernt, aber der Qualitätssprung war deutlich. Bei Daniels Aufnahmen, die durch seine Hardware sehr gut und störungsarm waren, fiel das Ergebnis nicht so deutlich aus.

Der letzte Schritt vor der Veröffentlichung des Podcasts ist das Hinzufügen eines Intros und Outros. Daniel hat sich dazu bei freesounds.org bedient und passende Töne zusammengeschnippelt und so seinem Podcast eine eindeutige Wiederkennungsmarke gegeben. Im Internet gibt es viele weitere Quellen für die sogenannten „podsafe music“.

Veröffentlichen: Blogs und Plugins

Wer an diesen Punkt angekommen ist, für den ist es wirklich nur noch eine Kleinigkeit, die Dateien mit dem WordPress-Plugin Podlove als Podcast zu veröffentlichen. Natürlich muss man das WordPress-Plugin Podlove einmal einrichten, aber danach ist fast alles außer der Vergabe eines Titels automatisierbar. Damit man mit dem neuen Podcast eine größere Zuhörerschaft gewinnt, tragt ihr den Feed in die zahlreichen Podcastlisten ein, insbesondere bei iTunes. Aber achtet darauf, dass es passieren kann, dass Ihr Erfolg habt und Ihr dem Webserver, auf dem die Dateien liegen, mehrere tausend Abrufe zumuten können müsst. Spätere Anpassungen des Dateiorts sind nur kompliziert zu bewerkstelligen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn diese Anleitung dabei hilft, mehr Wissenschafts-Podcasts entstehen zu lassen. Viele Wissenschaftler haben interessante Geschichten zu erzählen. Oder denkt Euch ein ganz anderes Format aus. Wenn ihr schon Wissenschafts-Podcasts hört, würde ich mich freuen, wenn ihr die Links dazu als Kommentar hinzufügt.

Daniel Meßner bei der Arbeit
Daniel Meßner bei der Arbeit

Ich möchte mich auch noch mal bei Daniel für den tollen Workshop bedanken, der sein erster und hoffentlich nicht letzter war. Ich hoffe auch, dass es nicht mehr lange dauert bis die Wissenschaft, besonders die Geisteswissenschaft die Vorteile dieses Mediums erkennt und entsprechend nutzt. Und ich möchte mich bei Ihm für das Interview über die „Suche nach den Nachkriegskindern“ und dem Crowdfunding dazu bedanken, das hoffentlich recht bald online ist. Man hört sich!

Linkliste

Stimmen der Kulturwissenschaften: http://stimmen.univie.ac.at
Ben Hammersley über die Geschichte des Podcastings: http://stimmen.univie.ac.at/podcast/sdk28
Erste Erwähnung „Podcast“ in Audible Revolution (Guardian): http://www.theguardian.com/media/2004/feb/12/broadcasting.digitalmedia
Podcast „Daily Source Code“ von Adam Curry: https://en.wikipedia.org/wiki/Daily_Source_Code
iTunes: https://www.apple.com/itunes/
Liste mit Podcatchern: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_podcatchers
gPodder (Podcatcher): http://gpodder.org/
Miro (Podcatcher): http://www.getmiro.com/
Instacast (Podcatcher für Mac und iOS): http://vemedio.com/products/instacast-mac
Auphonic: https://auphonic.com/
Thomann: http://thomann.de/
Audacity: http://audacity.de/
Reaper: http://www.reaper.fm/
Hindenburg: http://hindenburg.com/
Podlove: http://podlove.org/

Veröffentlicht von Sascha Foerster

Sascha Foerster ist Geschäftsführer der Bonn.digital GbR, Social-Media-Berater, Community Manager, Moderator für Barcamps und Speaker bei Digital-Events.

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6 Kommentare

  1. Mittlerweile gibt es eine ganze Menge Podcasts über wissenschaftliche Projekte bzw. von WissenschaftlerInnen. Henning Krause von der Helmholtz-Gemeinschaft hat vor kurzem eine Liste veröffentlicht, der ich mich im Grunde nur anschließen kann: http://blogs.helmholtz.de/augenspiegel/2014/03/wissenschaft-auf-die-ohren-audiopodcasts/
    Hier sind viele Sendungen aufgelistet, die ich regelmäßig höre, wie zum Beispiel der Soziopod oder Angegraben. Wer sich für Wissenschaftspodcasts interessiert, wird hier sicher fündig. Gleichzeitig wird deutlich, dass es noch jede Menge Nischen zu besetzen gilt, insbesondere was Themenbereiche aus den Geisteswissenschaften betrifft, da ist noch viel zu holen!

  2. Lieber Sascha,
    danke für den schönen Beitrag – werde ich für meine Seminar-Sitzung zum Thema Podcasting verwenden :)
    Mir ist nur ein kleiner Fehler aufgefallen: der „Podfather“ heißt nicht Dave, sondern Adam Curry.
    Schöne Grüße,
    Nele

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