„Hast du eigentlich Freunde?“, so lautete die ernstgemeinte Frage einer Studentin an mich. Ich war in Hannover eingeladen worden ein Seminar zu Blogs, Social Media und anderen digitalen Tools, die für Wissenschaft und Studium nützlich sind, zu leiten. Organisiert wurde das Seminar vom Zentrum für Schlüsselkompetenzen (Twitter: #ZfSK) und es gehörte für die Studenten zum Modul „Sozialkompetenz“, so erzählte man mir es zumindest.

Voller Begeisterung erzählte ich zum Einstieg in das Seminar, dass es eintausend Millionen Dienste und Tools gibt, erklärte Twitter, Facebook, Google+ und wie all diese sozialen Netze heißen, Wikipedia, Google Docs und viele andere kollaborative Schreibtools, Crowdfunding, Crowdsourcing und kollaborative Literaturverwaltung mit Zotero und natürlich sollten die Studenten Bloggen mit WordPress lernen. Und dann kam mittendrin diese Frage etwas weiter hinten aus dem Raum:

Hast du eigentlich Freunde?

Sie war nicht nur rhetorisch gemeint. Ich vermute, manche waren ein bisschen erschrocken über die Direktheit, andere waren vielleicht ein bisschen empört. Auf jeden Fall war es erst mal kurz still. Meine Trolldrossel (Schneyra kennt sie) war aktiv.

Mir ist in diesem Moment aufgefallen, dass ich vor lauter Begeisterung vergessen habe etwas zu erklären, nämlich was eigentlich der Sinn dieses Bloggens ist. Wäre es nicht besser draußen spazieren zu gehen, sich mit Freunden zu treffen, die Zeit zum Kochen zu nutzen, ins Museum zu gehen, ein gutes Buch zu lesen oder einfach nur Zeit verstreichen zu lassen? Da dachte ich sofort, darüber muss ich gleich nach dem Seminar einen Blogartikel schreiben. (Nein, Scherz!).

Aber ich habe trotzdem Fragen an die Leser dieses Blogs: Warum bloggt Ihr? Was gibt Euch das Bloggen? Warum lest Ihr Blogs? Welchen Sinn machen Blogs?

Und an die Gruppe der Wissenschaftler, die bereits bloggen, möchte ich besonders fragen:  Warum ist es für Euch wichtig zu bloggen? Was sind die Chancen und was die Risiken? Wieso bloggt Ihr, wenn Ihr eh nur wenig Zeit habt? Was hat Euch davon überzeugt, selbst einen Blog zu eröffnen? (Ich mag keine Blogstöckchen, aber bitte, für die, die wollen, hier ist es. Gerne auch weiterreichen.)

Irgendwie sehe ich selbst die Resultate meiner Entscheidung zu bloggen, aber es spontan richtig in Worte zu fassen, fiel mir im Seminar schwer. Warum blogge ich?

  • Blogs sind für mich ein Kommunikationswerkzeug (neben vielen anderen).
    Ich kann mit Menschen zeitlich und lokal versetzt kommunizieren. Sie lesen den Beitrag, wann sie möchten. Sie finden ihn, wenn Stichworte in Suchmaschinen oder soziale Netzwerke sie dorthin leiten. Die Artikel sind digital weltweit verfügbar.
  • In Blogs kann ich Wissen weitergeben.
    Wenn ich ein Problem gelöst habe, für das ich noch keine Anleitung im Netz gefunden habe, dann juckt es mich in den Finger selbst diese Anleitung zu schreiben. Das war mein persönlicher Einstieg ins Bloggen (z.B. schrieb ich eine Anleitung um Eduroam auf dem iPhone einzurichten).
  • Blogger sind authentisch(er).
    Als Blogger habe ich meistens keine direkten kommerziellen Interessen, sondern das Interesse mich mitzuteilen und hilfreich zu sein oder eben Rückmeldungen und Hilfe zu bekommen.
  • In Blogs kann man kommentieren.
    Dieser Rückkanal ist sehr wichtig, weil er ermöglicht, nicht nur zum Sender von Information zu werden, sondern auch zum Empfänger. Und das gilt nicht nur für mich selbst, sondern für alle Leser eines Blogs.

Für die Wissenschaft im Speziellen:

  • Blogs öffnen den Blick in den Elfenbeinturm der Forschung.
  • Wissenschaftliche Ergebnisse werden oft erst dann publiziert, wenn sie „erfolgreich“ waren. Blogs können „ehrlicher“ sein, weil Wissenschaftler dort den gesamten Prozess bis zum Erkenntnisgewinn (oder -verlust) abbilden können.
  • Blogs erlauben mir sofort, einfach und günstig zu publizieren.
  • Blogs bieten einen sehr großen Freiheitsgrad in Form (Multimedia) und Funktion (Thema, Anlass, Schreibweise, …).

Ich habe der Seminarteilnehmerin übrigens für Ihre Frage gedankt und geantwortet, dass genau das der Witz am Web 2.0 ist. Ich bin als Blogger nicht mehr nur stumpfer Empfänger von Informationen oder reiner Sender von Pressemitteilungen an klar definierte Zielgruppen. Web 2.0, soziale Netzwerke und gerade Blogs sprudeln nur so von Interaktionen zwischen Menschen, die sich interessieren, kommentieren, mitteilen und weiterleiten und das über viele Grenzen hinweg.
Wenn das keine Schlüsselkompetenz ist, dann weiß ich es auch nicht. Genug gebloggt, gleich kommt noch ein Freund vorbei.

Update (1.12.2013)

Das von den Teilnehmern kollaborativ mit Google Docs erstellte Skript kann man nun als PDF herunterladen.

Veröffentlicht von Sascha Foerster

Sascha Foerster ist Geschäftsführer der Bonn.digital GbR, Social-Media-Berater, Community Manager, Moderator für Barcamps und Speaker bei Digital-Events.

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2 Kommentare

  1. 9 Absätze für eine Ja/Nein-Frage – Respekt.

    Die Vorteile des Bloggens sind für mich derart offensichtlich, dass ich eher fragen würde, warum die Menschen nicht bloggen und lieber in der Mulde des exklusiven Schreibens bleiben.

  2. Ein Blog ist einfach die beste Plattform um Gedanken über 140 Zeichen freien Lauf zu lassen…

    Ansonsten: in jeder meiner wissenschaftlichen Arbeiten musste ich vorher schreiben und begründen, dass der Begriff Web 2.0 Nonsens ist und Social Web viel mehr Sinn macht. Wenn man so viel im SOCIAL Web unterwegs ist, muss man doch Freunde haben hihi.

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