Das stARTcamp Köln-Bonn ist ein Barcamp für Kunst und Kulturinteressierte, mit einem Sahnhäubchen aus Internetaffinitität. Wie bei Barcamps üblich, stellen sich alle vor, werden die Sessions gemeinsam geplant und dann geht es los. Das stARTcamp am 19.11.2016 in der Bundeskunsthalle war für mich dieses Jahr aber auch ein ganz besonderes.
- Die Organisation und Vorbereitung war sehr entspannt, was vielleicht daran liegt, dass Johannes Mirus (mein lieber Kollege bei Bonn.digital) und Jutta Frings (Chefin für Kommunikation und Digitale Transformation in der Bundeskunsthalle) die meiste Arbeit erledigt hatten. Am Tag des stARTcamps selbst lief alles wie am Schnürchen (bzw. es war eh nicht mehr aufzuhalten) und ich war so entspannt, dass ich selbst an Sessions teilnehmen konnte. Vielleicht bekommt man aber auch etwas Übung im Barcamp-Organisieren.
- Die Stimmung war schon bei der Vorstellungsrunde zwischendurch ganz ausgelassen; es fühlte sich etwas mehr wie die Ankunft in der Jugendherberge an, denn wie eine hochseriöse (und hochlangweilige) Konferenztruppe. Besondere Oh! und Ah! gab es, als festgestellt wurde, dass die Mehrheit der TeilnehmerInnen zum ersten Mal ein Barcamp besuchten (nach der Feedback-Runde zu urteilen, waren sie es nicht zum letzten Mal).
- Die entspannte Stimmung allein hätte aber nicht gereicht, um das stARTcamp für mich zu einer runden Sache zu machen: es braucht Inhalte, Diskussion, Erfahrungsaustausch, damit man Abends nach Hause geht und sagt: ich habe was gelernt. Und ja, ich habe extrem viel mitgenommen aus diesem Tag und wie Barcamps es so verlangen, werde ich über diese Inhalte auch gerne was schreiben.
1. stARTcamp-Session: 360°-Fotos und Videos in Google MyBusiness
Marcus Mitter und Koreferent Hakan Cengiz zeigten uns, die Möglichkeiten bei Google MyBusiness Unternehmen, Ausstellungen und andere Orte kostenlos in der Google-Suche hervorzuheben. Als Beispiel diente die 360°-Innenansicht des atelier114 in Bonn, die nicht mal eine eigene Website haben, aber so trotzdem gefunden werden können. Die 360°-Fotografie gibt so vorher Einblick in Hotels, Ausstellungen (auch vergangene) und Geschäfte und verlockt so hoffentlich zu einem Besuch.
In der Session haben mich drei 360°-Geschichten aus Bonn besonders beeindruckt, weil ich sie bisher noch gar nicht wahrgenommen hatte:
- Gigapixel-Panorama Bonn
- 360°-Fotos im Haribo-Store Bonn
- Führung durch das Akademische Kunstmuseum in Bonn
Mich hätte noch sehr interessiert, ob das Equipment mittlerweile erschwinglich geworden ist, um selbst solche Fotos anzufertigen. Aber scheinbar braucht man für die Streetview-Touren innerhalb von Gebäuden noch einen Profi, den man für Google hier finden kann: https://www.google.de/intl/de/streetview/hire/
2. Calliope mini – der Lern- und Bastelcomputer für die Grundschule
Am liebsten würde ich bei Calliope mini vor Begeisterung nur noch die Finger wild in die Tastatur hauen. Aber fangen wir mal vorne an: Maxim Loick bietet in Bonn schon seit einige Zeit CoderDojos für Kids an: dort lernen sie mit Technik umzugehen, zu basteln, zu experimentieren und lernen so auch die Grenzen relativ angstfrei und ohne erhobenen Zeigefinger („Das Internet ist böse“) kennen.
Maxim hat seine Erfahrungen in das Team um Calliope mini eingebracht und es damit nun bis zur Bundeskanzlerin, den IT-Gipfel, in die Tagesschau, aber am allerwichtigsten (!) über das Bildungssystem in die Schulklassen und so in die Hände der Kinder geschafft, inkl. Open-Source-Lernmaterialien und Finanzierung und Unterstützung durch Partner wie Google, Microsoft und anderen Namen, von denen Startups träumen.
Calliope versteht man leider erst dann in vollem Umfang, wenn man es selbst in der Hand gehalten, in den USB-Port des Rechners eingesteckt und dann sein erstes kleines Programm geschrieben hat. Wenn selbst Erwachsene wieder zu Kindern werden, um mit Calliope lustige Sachen zu bauen, die LEDs in Bonn-Farben leuchten zu lassen, die Beethoven-Melodie zu piepsen, oder einfach seiner Fantasie an den Schnittstellen und Output-Möglichkeiten freien Lauf zu geben. Nächstes Jahr dürfen auch wir wieder zu Kindern werden und Calliope mini in den Händen halten.
https://www.instagram.com/p/BM_cTLhg-q-/
Die Session habe ich vor lauter Begeisterung auch gleich (in schlechter Qualität) mit Periscope aufgezeichnet: https://www.periscope.tv/w/1vAGRXWrALYxl
3. Bonn.wiki oder: Wie konzipiert man überhaupt ein Wiki?
Als am Ende der Sessionplanung noch ein Feld frei blieb, hatte ich noch eine Frage im Hinterkopf: Wie könnten Kunst und Kultur in Bonn das Bonn.wiki annehmen und interessant finden? Ich bot es ganz vorsichtig als Frage formuliert an und Dörte Böhner (@Bibliothekarin) nahm den Ball auf, da sie bereits in die Konzeption und den Aufbau von organisationsinternen Wikis involviert war. Genau so muss das sein! Es muss bei einem Barcamp reichen eine Frage zu stellen, um dann jemanden zu finden, der die Session leitet.
Dörte fragte also ab, was die Ziele das Bonn.wiki’s sein sollen und welche Zielgruppen es gibt. Die wichtigste und aufschlussreichste Frage war für mich aber: Wie schaffe ich es, dass sich die Nutzer des Wikis wohlfühlen? Und dabei kam dann raus, dass es klar sein muss, was mit den Inhalten passiert, es darf keine Willkür geben, es muss einfach zu benutzen sein und Erklärvideos bzw. Screenshots geben und es soll das Gefühl vermittelt werden, dass man nichts kaputt machen kann.
Als Beispiele für gut laufende Regional-Wikis zeigte ich am Ende noch das AW-Wiki aus Ahrweiler. Auf die Idee das Thema anzubieten, kam ich morgens auf dem Weg zum stARTcamp, als ich den Podcast „Forschergeist“ mit Tim Pritlove und Pavel Richter zu freiem Wissen und OpenData hörte. Scheinbar sind Regionalwikis auch für die Wikipedia interessant, da sie Nutzer noch einfacher abholen können und auch für Artikel da sind, die nur lokale Relevanz haben. Ich würde mich also über Unterstützer für das Bonn.wiki freuen und setze das gelernte so schnell wie möglich um.
https://twitter.com/pavel/status/799892310678978560
4. Eine App ist keine Strategie.
Diese Session war auf eine etwas unerwartete Art lehrreich. Viele Agenturen stossen auf das Problem, dass Kunden sagen: „Wir möchten eine App, können Sie das Konzept erstellen?“ Denn dann passiert, was passieren muss: Murks. Man fragt sich, wer die Zielgruppe für die App sein könnte, erstellt Personas für die App, um sich dann am Ende des Prozesses zu fragen: „Was ist überhaupt mein Ziel mit dieser App?“. Denn an der Stelle könnte man feststellen, dass „App“ überhaupt gar nicht die Antwort auf die Frage ist. Vielleicht war die Frage: „Wie bekomme ich mehr Besucher ins Theater?“ Und die Antwort hätte möglicherweise gelautet „mit einer responsiven Website und integriertem Ticket-Shop“. Am Ende steht also eine App, die kein Mensch benutzt und die somit auch keinen Nutzen hat. Also liebe Auftraggeber, formuliert lieber Ziele und entscheidet erst am Ende über die Kanäle.
5. #MannequinChallenge
Wenn die Herbergsmütter an Board sind, dann passieren auch mal außergewöhnliche Dinge. Als Wibke Ladwig die Idee der #MannequinChallenge vortrug und wir fragten, wer denn Interesse an dieser Session habe, gingen alle, wirklich ALLE Hände hoch. Wir blockten also kurzerhand den gesamten letzten Sessionblock für die Aktion, so dass auch alle mitmachen konnten.
Wir bereiteten zuerst einmal kreative Ideen vor und gingen danach in die Ausstellung „TouchDown21„, mit und über Menschen mit Down-Syndrom. Dort frohren wir ein, während Wibke mit der Handykamera zwischen uns durch lief. Das Ergebnis sieht einfach nur cool aus.
Das Making of des Videos gibt es auch noch mal als 360°-Video bei Hakan Cengiz.
Abschlussrunde
Tja, was bleibt einem da sonst noch übrig, als „Alles Gute“ zu wünschen und zu hoffen, dass wir uns bald wieder zu einem Barcamp sehen. Schaut doch mal bei Bonn.camp rein, da gibt es die aktuelle Liste der Barcamps in Bonn. Dann wird aus der Abschlussrunde bald wieder die nächste Vorstellungsrunde!
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