Am 01.09.2025 haben wir „10 Jahre Bonn.digital“ gefeiert. Ein Rückblick auf eine Dekade.
Zehn Jahre sind schon ein ordentliches Sümmchen: über 3650 Tage (und ein paar gequetschte) gibt es das Unternehmen „Bonn.digital“. Die Firma haben Johannes und ich zu zweit gegründet, ohne externe Investor*innen, nachdem wir festgestellt haben, dass wir Barcamp können. Eigentlich muss man sagen „zu viert“, denn unsere Ehefrauen sind wesentlicher Teil dieser Reisegruppe „Selbstständigkeit“ mit ihren Höhen und Tiefen. Fünf Kinder sind dazu gekommen. Und inzwischen haben dutzende Menschen für uns und mit uns gearbeitet, es dürften hunderte Kund*innen sein. Ich möchte wie Johannes schon vorher in seinem Blog auf zehn Jahre „Bonn.digital“ zurückschauen. Mein Take: Was habe ich in den zehn Jahren gelernt?
1. Kündigen
Es klingt vielleicht komisch oder hart, das als erstes zu schreiben. Aber als Johannes und ich uns entscheiden haben Personal einzustellen, war damit klar, dass wir irgendwann auch Mitarbeitenden die Kündigung aussprechen müssen (bewusst wurde mir das erst später). Oder sie teilen uns die Kündigung mit.
Es ist nie angenehm, für keine Seite. Es ist eine der schwierigsten Entscheidungen, weil sie starken Einfluss auf das Leben anderer Menschen hat (auch die Menschen, die verbunden mit der gekündigten Person sind). Aber man kann versuchen es so klar und fair wie möglich zu tun. Ohne Umschweife, offen, ehrlich, in Anerkennung der erbrachten Leistungen. Und man sollte nie die Chance verpassen, aus dem Schmerz einer Kündigung zu lernen, fürs nächste Mal, wenn man jemanden einstellt. Was können wir tun, damit wir nicht (so schnell) wieder in die Situation kommen.
2. Personal einstellen
Ein Team aufzubauen, mit gemeinsamer Vision, auf Basis von gegenseitigem Vertrauen und „Bock“ mit der eigenen Arbeit was zu bewegen, das ist eine Kunst. Wie soll man aus einem Bewerbungsschreiben und ein, zwei Gesprächen ableiten, ob man gut zusammenarbeiten kann? Und wie geben wir ehrlich und früh Einblick darin, wie wir bei Bonn.digital ticken, worauf es uns ankommt und wo wir unsere Schwächen und Stärken haben? Sind wir überhaupt der richtige Arbeitsplatz für diesen Menschen?
Ich bin dankbar für jede Bewerbung, weil uns jemand sein berufliches Fortkommen anvertraut. Ich spüre Dankbarkeit für alle, die ein Stück des Weges mit uns gegangen sind, gerade gehen und noch gehen werden. Und ich bin stolz, dass Johannes und ich gemeinsam nicht nur ein Einkommen für uns selbst angestrebt haben, sondern dass wir Arbeitsplätze schaffen wollten. Mit Hilfe unserer Kund*innen werden es hoffentlich bald noch ein paar mehr. Ich freue mich auf jedes Bewerbungsgespräch, weil dann die Zeit des Wachstums ist.
3. Kommunikation
Es klingt wie ein Witz: bis heute lernen wir als Agentur für digitale Kommunikation, wie wir besser kommunizieren können, intern und extern. Und wir werden wohl niemals ausgelernt haben.
Oft sind es Banalitäten: Lob sollte man gerne in großer Runde aussprechen, Kritik eher unter vier bis sechs Augen. Ärger sollte man, wenn überhaupt, im persönlichen Gespräch klären und nicht schriftlich rauslassen. Es könnte so einfach sein.
Aber wie schwierig ist die richtige Interpretation dessen, was ein anderer Mensch sagt, schreibt oder gar meint: Ironie, schwarzer Humor, versteckte Anspielungen, ein „Scherz“? Ein Smiley kann helfen. 😉 Aber Smileys sind nicht die Lösung für alle Kommunikationsprobleme. Und das Kommunikation zwischen Menschen gelingt, grenzt an ein Wunder. Ich sag „Apfel“ und du, lesender Mensch (oder Maschine), weißt wohl, was ich meine. 🍏
Alles ist Kommunikation. Kommunikation ist alles. <ironie> Oder gibt es daran irgendwas nicht zu verstehen? 🥸</ironie>
4. Make or buy?
Sollen wir eine Leistung einkaufen oder bauen wir selbst etwas auf? Ich möchte nicht behaupten, dass ich bei diesem Thema ausgelernt habe. Aber ich habe immer einen starken Drang zum „Make“ gespürt, was sich insbesondere in unserer IT-Infrastruktur zeigt, angefangen von der eigenen Domain bis hin zum Mastodon-Server für die lokale Community. Das wir eine eigene Startseite bei Bonn.digital haben, sagt alles.
Digitale Souveränität hat aber auch einen Preis, sei es die Nächte, in denen man Server-Upgrades einspielt oder Bugs, die man selbst lösen muss. Zeit oder Geld, beides kann man nur einmal investieren. Und die wesentliche Frage bleibt: an welcher Stelle des Business-Modells kommt das investierte Geld und die Zeit wieder raus? Ich sags mal so: Ich würde es wieder „machen“, weil manchmal auch der Weg das Ziel ist. Und wenn mal wieder jemand fragt, ob wir dafür ein Tool haben, sag ich: Ja.
5. Die Kraft des Netzwerks
Jetzt könnte ein Absatz zur Bedeutung des „Networking“ folgen, aber das ist mir zu blutleer, zu kalt, zu „LinkedIn“. Es gibt so viele Menschen, die uns auf unserem Weg unterstützt haben. Warum kann ich gar nicht immer sagen. Sie haben es getan, indem sie uns mit Kunden vernetzt haben, uns beauftragt haben, uns weiterempfohlen haben, sie zu unseren Barcamps gekommen sind oder uns auf andere Art und Weise geholfen haben. Es gab irgendeine Form der Beziehung, der Wertschätzung, vielleicht auch mal Mitleid, die dafür gesorgt haben, dass wir ein Unternehmen aufbauen konnten, dass behaupten kann: über 90% unserer Aufträge kommen aus unserem Netzwerk. Und wenn ich an unser „Netzwerk“ denke, dann habe ich ein warmes Gefühl für alle die Menschen, die Teil dieser Community sind. Und erst als zweites denke ich bei dem Wort an IP-Adressen oder Leads. Vernetz dich doch mit mir, am liebsten im Social Web.
6. Das Pareto-Prinzip: 80/20
Das Pareto-Prinzip besagt, dass man nur 20% Aufwand für 80% des Ergebnisses braucht, beim Rest ist es umgekehrt: 80% Aufwand für 20% Ergebnis. Das Pareto-Prinzip und ich, wir haben auch ein 80/20-Verhältnis:
In 20% der Fälle finde ich das Pareto-Prinzip super um effektiv zu arbeiten und mich auf das Wesentliche zu fokussieren. In 80% der Fälle bin ich nicht zufrieden mit dem Ergebnis. Pareto und ich, wir werden jedenfalls keine Freunde mehr.
Mein Vorschlag: man macht jede Aufgabe 20% besser und effektiver als beim letzten Mal. Der Weg zum Ergebnis ist am Anfang anstrengend, aber lehrreich, weil man weiß, wie man die Aufgabe vollständig löst.Und wenn man dann eine Abkürzung findet, kann man die Aufgabe beim nächsten Mal um so effektiver lösen. Vielleicht ist das aber auch kein Widerspruch.
7. Geld
Zu jeder Selbstständigkeit gehört das Auf und Ab. Als kleines Unternehmen sind wir wie eine kleine Nussschale auf den Wellen des großen Wirtschaftsmeers, so beschreiben wir das manchmal, wenn jemand fragt, wie es der Firma geht. Wir schwimmen mit der Konjunktur rauf und runter. Und zugleich kann man bei dem ganzen Auf und Ab auch Dinge richtig und falsch machen. Man weiß es aber meist nicht vorher, was Erfolg bringt und was nicht. Manchmal muss man einfach Glück haben. Oder Pech.
Es ist nicht einfach mit dem Geld. Es hilft enorm, wenn es da ist. Aber es ist kein Selbstzweck. Manchmal bekommt man es geschenkt. Meist ist es erarbeitet. Und hier und da wird für Geld betrogen und gelogen. Dabei kann Geld ohne Vertrauen gar nicht existieren. Und im Hinterkopf immer die Leitfrage: Wie schaffen wir Werte für unsere Kunden?
Hätte ich nach zehn Jahren Bonn.digital gerne mehr verdient? Durchaus. Haben wir auch so was bewirkt und aufgebaut? Ja!
Bist Du optimistisch? Immer.
8. Arbeit ist nicht alles
Gerade, weil Johannes und ich parallel zu unserem Unternehmen auch Familien gegründet haben, wissen wir beide zu schätzen, wie flexibel wir als Selbstständige sein können. Wir können uns die Zeit nehmen, wenn Nachmittags Schulfeste sind, die Kinder Hobbies haben oder mal krank sind. Andererseits zählen wir nicht die Überstunden, die anfallen, wenn wir am Wochenende oder Nachts dann doch mal arbeiten.
Und jetzt das „LinkedIn Learning des Tages“: das Pareto-Prinzip gilt noch deutlicher fürs Elternsein. Die ersten zehn Lebensjahre haben wir als Eltern die Chance eine gemeinsame Zeit mit unseren Kindern zu verbringen. Danach reduziert sich die gemeinsame Zeit rapide. Diese Zeit kommt nicht wieder, aber man wird das Gefühl haben, die Zeit der Kindheit der eigenen Kinder verpasst zu haben, während man sich dem immer gleichen Arbeitsalltag hingegeben hat. Besser man merkt es früh, wie kurz diese Phase ist.
9. Fehler machen
Um gleich wieder versöhnlichere Töne anklingen zu lassen: Fehler machen ist wichtig. Und wenn man schon „failt“, dann bitte richtig. Wir alle machen Fehler. Wir alle finden es nicht toll, erst recht nicht, wenn andere einen selbstwertmindernd darauf hinweisen. Und zugleich steckt in jedem „Fail“ eine Chance. Nicht umsonst haben wir jahrelang eine „FuckUpNight Bonn“ organisiert, um sie dann in „Bonn.fail“ umzubenennen und damit dann auch nicht mehr stattfinden zu lassen. Am Ende hat es sich nicht gerechnet. War es ein Fail? Ja! War es lehrreich? JA! Würden wir es wieder machen? Vielleicht machen wir es beim nächsten Mal besser. Und wenn nicht, dann lernen wir wieder daraus.
Mein typischster Fail hat inzwischen sogar einen Namen: „Hast Du den Termin wieder gefoerstert?“, fragt dann Johannes, wenn ich wieder zu spät zu früh oder gar nicht zum Termin gegangen bin. Glücklicherweise kommt das immer seltener vor.
10. Vertrauen ist alles.
Egal, ob man Fehler macht, sich ärgert oder streitet. In einem kleinen Team wie unserem ist Vertrauen unersetzlich. Es braucht unbedingt das Vertrauen, dass man auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet, dass man sich nicht betuppt, wie man im Rheinland sagt und das jede*r das Beste gibt. Wenn wir uns streiten, dann um die Sache, weil wir gemeinsam das Beste erreichen wollen.
Wenn Kunden uns beauftragen, dann trauen sie uns zu, dass wir die Leistungen erbringen können. Wir vertrauen den Kunden, dass wir unseren Lohn für unsere Leistungen erhalten. Und wir geben unser Bestes um auf Basis dieses Vertrauens Werte zu schaffen. Und wir vertrauen, dass die Zentralbank uns für die Zahlen auf dem Konto auch wieder „echtes Geld“ gibt. Denn am Ende ist Bonn.digital ein Unternehmen, aber auch eine Unternehmung.
Die Feste feiern
Am 02.09.2025 haben wir zusammen mit knapp 100 Gästen im Haus der Springmaus unser 10-Jähriges bestehen gefeiert. Es war ein schöner Abend an dem ich mich immer erinnern werde (hoffe ich doch). Und damit ihr auch was davon habt, haben wir alles aufgenommen.
Im ersten Teil des Abends geben wir einen (unterhaltsamen) Rückblick in Form einer Präsentation:
Im zweiten Teil haben wir einen Live-Podcast mit Gavin Karlmeier über die Zukunft von Social Media produziert. Gute Unterhaltung!
Und Danke für den Fisch.


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